DDIM Reporter 2019 Interview

Interim Manager des Jahres 2019 Im Gespräch mit Carlo Fromm

DDIM:
Sehr geehrter Herr Fromm, zunächst einmal möchten wir Ihnen zur Auszeichnung als Interim Manager des Jahres 2019 gratulieren. Uns interessiert natürlich sehr, wofür Sie genau ausgezeichnet wurden. Vielleicht stellen Sie sich aber zunächst einmal vor.

Carlo Fromm:
Interim Manager bin ich bereits seit über 10 Jahren, DDIM-Mitglied wurde ich dann unmittelbar danach. Vor meiner Zeit als Interim Manager war ich elf Jahre in den Bereichen Automotive und Maschinenbau tätig. Ich den zahlreichen unterschiedlichen Stationen war ich als Interim Geschäftsführer, CRO oder auch COO beschäftigt. Außerdem bin ich als Werkleiter viel herumgekommen und habe unter anderem in Brasilien, Portugal, Frankreich, Rumänien und der Türkei gearbeitet.

Innerhalb der MAHLE GmbH habe ich 10 Jahre lang die Geschäftsführung und andere Top Management Funktionen ausgeübt. Diese Tätigkeiten haben mir die Arbeit in Deutschland, Portugal, Frankreich, Rumänien und der Türkei ermöglicht. Für KOSTAL war ich dann sogar 15 Jahre lang tätig, dort habe ich wieder Top Management Funktionen übernommen, diesmal vor allem in Deutschland und in Brasilien.

Als Interim Manager fokussiere ich mich nun vor allem auf die Themen Restrukturierung, Turnaround, Werksverlagerung und Supply Chain Management. Was mich hier besonders auszeichnet ist meine Erfahrung als gestandener Industriemanager, kombiniert mit meiner internationalen Ausrichtung und meiner Erfahrung in der Arbeit mit großen Konzernen und mittelständigen Unternehmen.

Meine größten Erfahrungen habe ich wahrscheinlich im Aufbauen und dem Restrukturieren von Unternehmen zu verzeichnen; das Steigern der Produktivität, Verbessern der Qualität, Reduzieren der Bestände und die Verbesserung  der Lieferperformance gehören dazu. Spezialisiert bin ich außerdem auf Benchmark- und Kennzahlensysteme.

Meiner Meinung nach macht mich die ausgewogene Kombination von Theorie und Praxis aus, ich verliere nie meinen pragmatischen Blick für das praktische Vorgehen. Ich würde mich als Hands-on-Manager beschreiben, umsetzungsstark und teamorientiert.

DDIM:
Ok, jetzt können wir Sie und Ihr Angebot schon etwas einordnen. Wenn man den Interim Manager etwas allgemeiner betrachtet, was zeichnet ihn aus Ihrer Sicht dann besonders aus? Was muss ein guter Interim Manager mitbringen, um erfolgreich zu sein?

Carlo Fromm:
Als Interim Manager kann ich auf einen Erfahrungsschatz aus 25 Jahren bei internationalen Weltmarktführern der Automobilzulieferindustrie zurückgreifen, hauptsächlich als Geschäftsführer und als CRO.

Als ein Beispiel für die Hardfacts meiner Erfolge möchte ich das Verbessern des Cash-Flows von -6 Mio. € auf +6 Mio. € innerhalb von 3 Jahren am Standort Frankreich erwähnen. Außerdem gelang es mir SAP R/3 innerhalb eines Zeitraums von nur 8 Monaten in Portugal, Rumänien und der Türkei einzuführen. Besonders stolz bin ich auf die Gründung eines Joint Ventures in Gebze, Türkei und den Aufbau eines Greenfield Standorts in Timişoara, Rumänien.

Im Gegensatz dazu liegen meine Softskills im Bereich der Sicherstellung der Entwicklung, Führung und Motivation der Mitarbeiter. Mit meinen Mitarbeitern gelang es mir so, Maßnahmen zur laufenden Optimierung der Produktion und des Kulturwandels „Master Speed“ einzuführen.
Durch ein KPI-System und Management-by-Objectives mit monatlichem Track-Report wurden Optimierungen überwacht.

Ich habe bereits mehrere KVP-Workshops (GEMBA) geleitet und gemeinsam mit dem Team das Verbesserungspotenzial drastisch erhöht, auch hier kommt mir also meine Motivationsfähigkeit und Führungspersönlichkeit zu Gute.

Diese Softskills ermöglichten mir als  Manager akzeptiert zu werden und stabile Verbindungen zu Mitarbeitern und den Betriebsräten der Unternehmen aufzubauen und zu erhalten.

Klarer Kommunikation und enger Kontakt zu den Mitarbeitern sind enorm wichtig. Ich versuche immer die unterschiedlichen Perspektiven zu verstehen. Ich denke, dass ich meine Mitarbeiter durch klare Zielvereinbarungen und unablässige Kommunikation auf allen Hierarchieebenen führen kann und permanent versuche konstruktiv mit dem Betriebsrat zusammen zu arbeiten.

DDIM:
Was hat Sie persönlich erfolgreich gemacht?

Carlo Fromm:
Ich würde sagen, dass mir meine Erfahrung als Geschäftsführer bei Weltmarktführern der Automobilzulieferindustrie viele Türen geöffnet hat und durch meine Erfahrung im Ausland habe ich mir Sprachkenntnisse in Englisch, Französisch, Portugiesisch und Spanisch aneignen können.

Meine bereits erwähnte Hands on Mentalität, die gute Zusammenarbeit auf sämtlichen Hierarchieebenen und meine ständige Lernbereitschaft haben definitiv ihren Anteil zu meinem Erfolg beigetragen. Aufgrund der internationalen Erfahrungen gelingt mir mittlerweile eine schnelle Einarbeitung in neue Themen und das Verständnis für andere Kulturen.

Die verschieden Etappen meiner Karriere haben mich umsatzstark, zielorientiert und so motivierter werden lassen, so dass es mir schnell gelingt Mitarbeiter für Veränderungen zu gewinnen. Außerdem  hat es sich für mich gelohnt zuzuhören, zu unterstützen, wenn ich kann zu loben und so meine  Mitarbeiter mit auf das nächste Level mit zu nehmen und besser im und als Team arbeiten zu können.

DDIM:
Vor gut einem Monat wurden Sie nun Interim Manager des Jahres. Der AIMP vergibt diesen Titel bereits seit vielen Jahren an drei Interim Manager. Auch die DDIM vergab 2018 einen Preis, den „DDIM.projekt // 2018 – Interim Management Excellence“, der jetzt jährlich aufgelegt wird. Bei uns geht es darum, dass ein Mandat prämiert wird, bei dem der Nutzen für den Kunden besonders hoch war. Wofür wurden Sie beim AIMP ausgezeichnet? Was waren die Herausforderungen und Ihre Aufgaben?

Carlo Fromm:
Ich habe den Titel für einen erfolgreich durchgeführten Turnaround als Interim Managing Director in Brasilien erhalten. Dieser Standort war seit bereits 16 Jahren defizitär und das Werk sollte nach 6 Monaten einen positiven EBIT erzielen, soweit die Angaben.

Der Auftraggeber hier war ein Unternehmen aus der Automobilzulieferindustrie, spezialisiert in Extrusion, Thermoforming und Spritzgusstechnik. Das Unternehmen hat einen Umsatz von ca. 280 Millionen Euro erwirtschaftet und über 3.500 Mitarbeiter beschäftigt. Ich erhielt das Mandat, da das Unternehmen defizitär war. Die Ausgangslage wurde außerdem durch Qualitäts-und Lieferprobleme verschlimmert. Solche Situationen demotivieren ja bekanntlich überdies noch stark die Belegschaft.

Die Herausforderungen lagen darin das Vertrauen der Kunden zurück zu gewinnen und möglichst schnell die Lieferperformance auf der einen und die Qualität auf der anderen Seite zu verbessern. Es mussten folglich Kosten und Bestände reduziert, sowie und ein standardisierter Produktionsablauf entworfen werden. Im Nachhinein kann man es nur als Veränderung der Unternehmenskultur beschreiben.

Die Laufzeit des Mandats war für 10 Monate angesetzt und die Hauptaufgabe bestand darin den EBIT kontinuierlich zu verbessern. Was die Teilaufgaben betrifft, so war ich gefragt die Prozessverluste und die Sachkosten zu reduzieren. Sowohl die Maschinennutzung, als auch die Qualität der Werkselbst- und Laufkontrolle sollten verbesset werden, da es in der Vergangenheit zu häufig zu ungeplanten Stillständen kam.

Es galt wie bereits erwähnt die Lieferperformance, den Einkauf und die Kundenbeziehung zu verbessern und gleichzeitig die Bestände zu reduzieren. Die letzte Teilaufgabe bestand dann darin den Umsatz zu erhöhen.

DDIM:
Welche Maßnahmen haben Sie ergriffen?

Carlo Fromm:

Die Grafik verdeutlicht die unterschiedlichen Maßnahmen die wir innerhalb des Mandats ergriffen haben um die Aufgaben zufriedenstellend lösen zu können und am Ende die Wertschöpfung zu erreichen. Grundsätzlich kann man die Maßnahmen in drei Säulen unterteilen: Management Werkzeuge, Prozessoptimierung und Veränderung der Unternehmenskultur.

Management Werkzeuge
Innerhalb des Managements und in der Aufgabendelegation der Mitarbeiter werden Verantwortlichkeiten, Unterzeichnungsrechte und Eskalationsmechanismen klar geregelt.

Eine definierte, wiederkehrende Besprechungsstruktur, beispielweise in Form von täglichen Produktionsmeetings, wöchentlichen Managementmeetings und monatlicher Besprechung der G&V und KPIs mit dem COO/CEO sollte eingeführt werden. Das kann eine bessere Besprechungskultur herbeiführen und die generelle Pünktlichkeit verbessern, Agenden werden schneller durchgeführt und aufgenommen (Bericht, OPL).

Unterstützt wird das Ganze von MbO, das Führen durch Zielvereinbarung, mit individuellen Score Cards, einschließlich qualitativer und quantitativer SMART-Ziele und täglichen Prüfungen der erzielten Leistung, also KPIs mit dem Management vor Ort.

Da alle drei Säulen auf mitwirkenden und motivierten Mitarbeitern basieren, haben wir kontinuierliche Mitarbeiterschulungen angeboten. Nützlich waren natürlich auch Schulungen und der Nutzen der Projektmanagementwerkzeuge, Steuerung von Geschäftsprozessen auf allen Unternehmens- und Hierarchieebenen, überwacht von den sogenannten Echtzeit-Informationssystemen.

Die Prozessoptimierung lässt sich leicht in zehn Schritte unterteilen:

  1. Prozessoptimierung als Teil der Unternehmenskultur etablieren
  2. Verantwortlichkeiten festlegen
  3. Kernprozesse identifizieren und priorisieren
  4. Aufnehmen
  5. Visualisieren
  6. Messen
  7. Ziel definieren
  8. Optimieren
  9. Trainieren
  10. Kontrollieren

Veränderung der Unternehmenskultur

Die Ziele des Unternehmens im Rahmen dieser Veränderung basierten auf einer Vermittlung der grundlegenden Werte der neuen Kultur innerhalb der Organisation, gekennzeichnet durch Ehrgeiz, Disziplin, Exzellenz, bessere Teamarbeit, eine grundsätzliche Ehrlichkeit / Integrität und natürlich nicht zu vergessen viel Spaß zu haben, wann immer es ging! Um die angestrebte Veränderung durchzusetzen und die Teamarbeit aktiv zu gestalten, muss jeder Mitarbeiter ein Teil der Vision werden und das Ziel klar erkennen, denn ohne das gesamte Team im Boot funktioniert es nicht!

Auf Managementebene mussten folglich einige Initiativen ergriffen werden. Wir haben Entlassungen und Einstellungen neu koordiniert und neue Guidelines in Sachen Qualifikation und Training der neuen aber auch erfahrenen Mitarbeiter erstellt. Ich denke im Nachhinein, dass die gute Teamarbeit und das neu eingeführte „Motto des Monats“ die Mitarbeiter immer wieder aufs Neue motivieren konnten.

DDIM:
Welche Ergebnisse haben Sie denn konkret erzielen können?

Carlo Fromm:
Dier KPIs im Zeitraum von Juni 2018 bis März dieses Jahres veränderten sich alle positiv: Das EBITDA wurde um 14% erhöht. Die Stromkosten konnten um mehr als 30% und die Prozessverluste um 40% reduziert werden. Der OEE wurde verdoppelt. Die PPM bei Kunden reduzierten wir um fast 20%, intern um mehr als 25%. Die Bestände konnten von 72 auf 49 Tage reduziert werden. Der Umsatz/Mitarbeiter verbesserte sich um 37%, der OTIF (OnTimeInFull) im Einkauf verbesserte sich 90%, in der Produktion 23% und die Lieferperformance beim Kunden um 67%.

DDIM:
Wie steht das Unternehmen nach dem Mandat da?Besonderheiten aus dem Mandat? Besonderheiten der Zusammenarbeit mit dem Auftraggeber?

Carlo Fromm:
Mit Rückblick auf das Mandat ist dem Unternehmen der Turnaround gelungen und nach 16 Jahren geprägt durch Verluste, verdient das Unternehmen nun wieder Geld (schreibt schwarze Zahlen) und ich konnte meine Nachfolger erfolgreich einarbeiten.

Die Besonderheit des Mandats war definitiv die  lateinamerikanische Kultur, welche Veränderungen gegenüber sehr offen ist und mir so diesen schnellen Wandel ermöglichte.

Die Zusammenarbeit mit dem Auftraggeber war geprägt von kollegialem Verhalten auf beiden Seiten und wann immer ich Unterstützung benötigte oder an anderen Stellen für notwendig erhielt, wurde sie absolut unbürokratisch zur Verfügung gestellt.

DDIM:
Das klingt nach einem spannenden Mandat. Was haben Sie dann dafür getan, dass Sie die Auszeichnung erhalten haben? Und von welchem Provider wurden Sie nominiert? Und wie gestaltete sich die Zusammenarbeit im Mandat?

Carlo Fromm:
Ich wurde von meinem Provider für die Auszeichnung vorgeschlagen und habe das Projekt beim AIMP einreichen dürfen. Anschließend wurde ich von zwei Mitgliedern des Komitees für ca. eine Stunde zu dem entsprechenden Mandat interviewt.

Ich wurde vom Provider EIM nominiert, da ich bereits zwei weitere Projekte mit diesem Provider durchführen konnte. In diesem Mandat war ich also als Interim Manager vertraglich gebunden und konnte mich auf die regelmäßige Betreuung meines Providers verlassen, beispielsweise durch zwei-wöchentliche Absprachen am Telefon.

DDIM:
Herr Fromm, vielen Dank für das Gespräch. Abschließend noch eine Frage, deren Antwort natürlich für unsere Mitglieder sehr interessant ist. Was ist Ihr Tipp an die Kollegen, die im nächsten Jahr selbst Interim Manager des Jahres werden wollen?

Carlo Fromm:
Wenn ich einen Tipp an meine nachfolgenden Kollegen rausgeben könnte, würde ich empfehlen immer in gutem Kontakt zum jeweiligen Provider zu stehen, um sich so keine Möglichkeiten oder Vorschläge entgehen zu lassen. Zweitens, sollte man meiner Meinung nach bereits viele Jahre erfolgreich als Interim Manager tätig gewesen sein, um auf eine solche Auszeichnung zu hoffen. Ein exzellentes Mandat zeichnet sich natürlich durch hohe Erfolge und Kundenzufriedenheit aus, hier würde ich immer darauf bedacht sein diese nachweisbar und von außen zugänglich zu machen.

DDIM:
Vielen Dank und weiterhin viel Erfolg als Interim Manager und DDIM-Mitglied! 

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